In „Heaven, My Home“ kommt der texanische Ranger Darren Mathews zum zweiten Mal zum Einsatz. Auf der Suche nach einem neunjährigen Jungen aus der texanischen Enklave Hopetown stösst er wiederum auf Vorurteile und rassistisches Gedankentum. Nebenher versucht er einen Mord zu vertuschen und muss sich dabei sowohl seiner Mutter, als auch eines Staatsanwalts erwehren.
Im letzten Jahr erschien der sehr gelungene Roman „Bluebird, Bluebird“ von Attica Locke als Auftaktband um den afroamerikanischen Texas Ranger. Das Buch war völlig zu Recht zwei Monate auf der Krimi-Zeit Bestenliste. Auch der Nachfolger hält das Niveau, versucht aber nicht die zuspitzenden Situationen zu wiederholen, sondern verfolgt sein eigenes Tempo und nimmt sich mehr Zeit für die Weiterverfolgung der Handlungsfäden aus dem privaten Leben von Darren. An der Grundkonstellation indes hat sich nichts geändert. Ein schwarzer Texas Ranger trifft überall auf Zurückhaltung und Skepsis.
„Dieser Ort hatte etwas Verschleierndes, wie das gräuliche Moos, das im Caddo Lake von den Zypressen hing. Es war unmöglich, die Wahrheit herauszufinden, eine direkte Antwort eines Ortsansässigen auf eine simple Frage zu bekommen.“
Levi King ist der Sohn eines derzeit im Gefängnis sitzenden hochrangigen Mitglieds der Arischen Bruderschaft. Zusammen mit Schwester, Mutter und ihrem Freund lebt er in einem heruntergekommenen Trailer in einer versteckten und für Außenstehende schwer zu findenden Enklave in der Nähe von Jefferson. Umgeben von dichten Wäldern und dem Caddo Lake, eigentlich ein idyllischer Ort. Doch die weißen Bewohner leben in direkter Nachbarschaft zu texanischen Ureinwohnern, die den Ort ursprünglich besiedelten. Eine konfliktreiche Konstellation, die durch das Verschwinden von Levi nicht besser wird. Darren Mathews wird offiziell zur Unterstützung der örtlichen Behörden abgestellt, soll allerdings ein ganz anderes Ziel verfolgen. Sehr schnell vermischen sich seine eigenen Interessen mit dem Fall.
Wieder blickt Attica Locke in die historischen Ursprünge der osttexanischen Region und greift das Thema von Besiedlung und Vertreibung auf. Und es wird klar, Historie und Moderne in einer abgelegenen Region können genauso hart aufeinandertreffen, wie in den Hotspots der heutigen Welt. Gegeneinander statt miteinander. Der eingeübte Rassismus gehört da fast schon zur Selbstverständlichkeit und wird nicht nur offen, sondern subtil kultiviert ausgelebt, je nach sozialem Status versteht sich. So steht das Verschwinden eines weißen Jungen in einem größeren Zusammenhang und legt das Geflecht regionaler Interessen frei.
„Heaven, My Home“ entwickelt sich zu einem komplexen Krimi, bei dem das Augenmerk nicht nur der Suche nach dem Jungen gilt. Vielmehr ist der Kriminalfall an unterschiedliche Themen angedockt. Mit dem Blick auf das Geschehen des vorherigen Buches findet eine konsequente Weiterentwicklung der Hauptfigur statt. Die Beziehung zu seiner Ehefrau wirft Fragen und Zweifel auf, und seine umtriebige Mutter wird zu einer unerwartet hartnäckigen Querulantin, die ihn abseits seiner aktuellen Arbeit in eine gefährliche Bedrängnis manövriert. Darren Mathews ersinnt dafür eine Lösung, die dem Buch eine besondere Note verleiht: Spannungsbögen müssen nicht blutrünstig sein. So hält es Attica Locke in diesem lesenswerten Roman. Ein dritter Band wird hoffentlich folgen.
ATTICA LOCKE, „Heaven, My Home“, Polar Verlag

Meine Besprechung zu Attica Locke „Bluebird, Bluebird“